Cecilie Høgsbro uber die kunstlerin Nanna Buhl:    
Vom Ort zum Raum    
Bei "Red Light Transfer" (2002) handelt es sich nicht um eine Videodokumentation sondern vielmehr um einen visuellen Essay. Ziel von Nanna Buhl ist es darzustellen, wie die Verlagerung von Praktiken, die vormals in Beziehung zum konkreten Stadtraum standen und diesen definierten, in die virtuelle Welt, und die zunehmende Homogenisierung und Hygienisierung des urbanen Environments, zu Veränderungen des Konzepts von öffentlichem Raum führt. Beispiel dafür ist in "Red Light Transfer" die Entwicklung der Prostitution in Kopenhagens Rotlichtviertel.
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Während die Prostitution als "das älteste Gewerbe der Welt" bezeichnet wird, gilt die Erfindung der Pornografie ­ des virtuellen, kommerziellen und vertreibbaren Sex ­als ein Kennzeichen der Moderne. Aus seinem Selbstverständnis als moderner Staat heraus, war Dänemark das erste Land, das Pornografie 1969 legalisierte. Die liberale Einstellung zur Pornografie spielte eine wichtige Rolle in der kulturellen Kampagne des Wohlfahrtsstaates gegen jegliche Form der gesellschaftlichen Doppelmoral, ob sexuell, religiös oder politisch. Das Pornografie selbst auf unterdrückenden, sogar morbiden Stereotypen basiert, war damals keine politische oder moralische Streitfrage.
 
Obwohl Pornografie, aufgrund von Gesetzgebung und Medien, immer mehr im öffentlichen Raum sichtbar wurde, blieb öffentliche Prostitution illegal. Während der freie Zugang zur Pornographie fast als "gesund" galt ­ nicht zuletzt für das Bruttosozialprodukt ­ wurde die Straßenprostitution als moralisches Ärgernis, Kriminalitäts- und Krankheitsherd bekämpft. Prostitution wurde aus diesem Grund zunehmend pornografisiert ­ und damit gleichzeitig auch legalisiert ­ indem Medien und Mediensprache die Strasse als Werbemaßnahme ablösten.
 
Die "Befreiung" der Pornografie war, besonders seit den 1950er Jahren, ein deutliches Symptom der komplexen Veränderungen in der räumlichen Organisation der westlichen Demokratien. Sexuelles Verhalten war bis dahin in der Art verräumlicht, dass die Grenze zwischen privatem und öffentlichem Raum recht streng definiert war. Wie wir wissen, galt die private Sphäre lange als Synonym für die häusliche, gezähmte Weiblichkeit. Es war anerkannt, das die Stabilität der privaten Haushalte auf der Existenz von Prostituierten beruhte: die häusliche Weiblichkeit der Mittelklasse wurde durch die Kontrastierung mit den Gefahren der unregulierten Sexualität auf der Strasse, den sogenannten "öffentlichen Frauen" sichergestellt.
 
Als Frauen aus der traditionellen privaten Sphäre auszogen, zog die nicht auf Fortpflanzung ausgerichtet Sexualität, kommerzieller Sex - Pornografie - ein und sexualisierte das Heim auf neue Weise.
Legalisierte Pornografie illustriert damit, dass die Tugenden des privaten Raums nicht länger von der öffentlichen Sphäre stabilisiert werden können. Pornografie hatte einen eigenen Raum geschaffen, in dem nicht länger zwischen privatem/öffentlichen Sex oder privater/öffentlicher Sphäre unterschieden wurde, sondern alle diese Grenzen überschritten werden. In anderen Worten, Pornografie ist ein zentrales Beispiel dafür, wie Massenphänomene während der letzten 50 Jahre neue Räume innerhalb der bereits existierenden geschaffen haben, die nun weder als vollständig öffentlich noch als rein privat beschrieben werden können, sondern neue Definitionen brauchen, damit sie verstanden werden.
 
Cecilie Høgsbro 
 

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